Häusliche Polysomnographie mit Systemen zur Selbstapplikation in der Diagnostik von Schlaferkrankungen

Aus der Literaturrecherche konnten 56 Artikel ermittelt werden, aus denen nach Prüfung auf die genannten Kriterien zwei Geräte identifiziert werden konnten (Abb. 2). Die Sichtung der FDA 510(k) Zulassungsdatenbanken für die relevanten Produktschlüssel Ventilatory effort recorder (Produktschlüssel MNR) und Polysomnograph with electroencephalograph (Produktschlüssel OLV), ergab weitere zwei Geräte.

Abb. 2figure 2

Ergebnisse der Recherchen in Literatur- sowie Zulassungsdatenbanken

Insgesamt konnten somit vier Systeme identifiziert werden, welche nachfolgend beschrieben werden (Abb. 3). Über die hier identifizierten Systeme hinaus kann die häusliche PSG auch mit Geräten realisiert werden, die im Schlaflabor verfügbar sind, oder alternativ durch Ergänzung der Polygraphie mit zusätzlichen EEG-Aufzeichnungen. Diese wurden jedoch in der Regel nicht für die Selbstapplikation optimiert und sind somit nicht Teil dieser Übersichtsarbeit. Da es sich bei den identifizierten Geräten in der Mehrzahl um neue Technologien handelt, sind klinische Daten nur limitiert verfügbar, wodurch die Reliabilität bislang nur begrenzt abgeschätzt werden kann. Die vorliegende Arbeit fokussiert daher auf die Konzepte und deren mögliche Effekte auf die schlafmedizinische Versorgung in Deutschland.

Abb. 3figure 3

Aktuell verfügbare PSG-Systeme zur Selbstapplikation: Nox Self-Applied Somnography™ mit A1s (Nox Medical) (a); Cerebra Sleep System (Cerebra Health) (b); Onera Sleep Test System (Onera Health) (c); WatchPAT 300 (Zoll Medical) (d)

Gemein ist allen heute verfügbaren Systemen, die vom Patienten selbst angelegt werden können, dass eine Reduktion der Messparameter erfolgt, was sich meist durch eine vereinfachte EEG-Montage auszeichnet. Hierbei wird lediglich ein bipolares frontales EEG verwendet. Auch wenn dies zunächst eine Differenz zu den AASM-Empfehlungen darstellt, zeigen Studien, dass hiermit eine valide Analyse des Schlafs möglich ist. Eine Ausnahme stellt hier die WatchPAT-Technologie dar, bei der die Bestimmung der Schlafstadien über Algorithmen erfolgt.

Verfügbare Systeme zur Selbstapplikation

Das Self-Applied Somnography™ (Nox Medical, Reykjavik, Island) zeichnet sich durch eine vereinfachte Anlegung der Kopfelektroden in einer frontalen Montage aus (Tab. 2, Abb. 2). An einem einzigen Kabel, welches am Aufzeichnungsgerät an der Brust angeschlossen wird, befinden sich fünf Kontaktpunkte mit jeweils zwei Elektroden. Die zwei äußersten Kontaktpunkte befinden sich dabei auf Augenhöhe an den Schläfen, während die anderen drei Kontaktpunkte abstandsgleich entlang der Haarlinie auf der Stirn anzubringen sind. Durch die frontale Montage kann der Patient mit Blick in den Spiegel die Elektroden selbst anbringen. Die Art der Anbringung und die Reduktion der Anzahl der Kabel reduzieren die Komplexität des Systems und machen es praktikabler für die Selbstanlegung. Die anderen Komponenten dieses Systems sind im Vergleich zu der Version für den Einsatz im Schlaflabor (Nox A1s™) unverändert. Eine Untersuchung von 51 Aufzeichnungen, bei denen Patienten das System selber anlegten und die PSG zuhause durchführten, zeigte, dass bei 90 % eine Aufzeichnung von mindestens vier Stunden pro Signal erzielt werden konnte [22].

Tab. 2 Übersicht Leistungsumfang PSG-Systeme zur Selbstapplikation

Das Cerebra Sleep System (Cerebra Health, Winnipeg, Kanada) kann ebenso vom Patienten selbst angebracht werden. Es ist das einzige PSG-System, welches Cerebra vertreibt, und wird ausschließlich für den Gebrauch als Typ-II-System beworben. Das Design der Kopfelektroden ist ebenfalls vereinfacht im Vergleich zu herkömmlichen PSG-Systemen. Hier werden Elektroden auch ausschließlich im frontalen, vom Patienten gut sichtbaren Gesichtsfeld platziert. Die Kopf-Aufzeichnungseinheit wird an der Stirn fixiert und zeichnet das Signal von insgesamt sechs Elektroden auf. Zwei frontale EEG-Elektroden befinden sich direkt an der Einheit und vier Kabel ermöglichen die Aufnahme von zwei EOG-Signalen sowie Mastoid- und Kinn-EMG. Die Datenaufzeichnung erfolgt bei diesem System über ein Tablet, welches die Signale nach Abschluss der Studie direkt an den Schlafmediziner übermittelt. Erste Studien zeigen, dass mit dem System eine PSG in der häuslichen Umgebung und mit Selbstapplikation zuverlässig und komfortabel durchgeführt werden kann. In einer in Kanada durchgeführten Untersuchung an 191 Teilnehmern konnten in 82,6 % alle Signale für mehr als vier Stunden aufgezeichnet werden [23].

Das Onera STS Sleep Test System (Onera Health, Eindhoven, Niederlande) unterscheidet sich vom Design von den beiden vorgenannten Systemen und denen, die im Schlaflabor eingesetzt werden. Das System besteht aus vier Aufzeichnungseinheiten, welche durch selbstklebende Patches an Stirn, Brust, Bauch und Bein befestigt werden. Die Elektroden sind in den Patches so verarbeitet, dass sie Signale direkt an die Aufzeichnungseinheiten weiterleiten, wo diese unabhängig voneinander registriert werden. Das System kommt somit vollständig ohne Kabel aus. Wie schon in den zuvor vorgestellten Systemen werden frontal zwei EEG-, zwei EOG- und zwei EMG-Signale, hier von den Mm. Masseter, abgeleitet. Erste Daten zeigen eine hohe Übereinstimmung mit der PSG im Schlaflabor hinsichtlich der Bestimmung der Schlafstadien (Cohen’s kappa = 0,69) sowie keine signifikanten Unterschiede bei der Erkennung von respiratorischen Ereignissen. An der gleichen Kohorte konnte gezeigt werden, dass das System in wenigen Minuten von Patienten selbständig angelegt werden kann und von diesen gut akzeptiert wird [24, 25].

Das WatchPAT 300 (Zoll Medical, Chelmsford, MA, Vereinigte Staaten) besteht aus einer Aufzeichnungseinheit am Handgelenk, einem damit verbundenen Fingerclip und einer weiteren Elektrode, welche auf Höhe des Schlüsselbeins angebracht wird. Da dieses System weder EEG noch EOG aufzeichnet, werden die Voraussetzungen für ein Typ-II-System nicht vollständig erfüllt. Da jedoch über die periphere arterielle Tonometrie (PAT) eine näherungsweise Bestimmung des Schlafs möglich ist, wird es häufig zur häuslichen PSG eingesetzt. Die PAT misst dabei Veränderungen der arteriellen Pulsvolumens am Finger und bestimmt anhand von Algorithmen Indizes respiratorischer Ereignisse sowie Schlafstadien. Für dieses System liegen zahlreiche Studien sowie Metaanalysen vor, die eine hohe Übereinstimmung hinsichtlich der Bestimmung des Schlafs im Vergleich zur PSG im Schlaflabor zeigen [26,27,28]. Da keine direkte Aufzeichnung des EEGs erfolgt, eignet sich das System primär für die Diagnostik von SBAS und bietet hier eine höhere diagnostische Genauigkeit als die kardiorespiratorische Polygraphie [29]. Aufgrund des Design des Systems kann dieses innerhalb von wenigen Minuten durch den Patienten selbstständig angelegt werden, da es auf Thorax- oder Abdomengurte verzichtet. Eine vergleichbare Diagnostik ist mit dem WatchPAT One möglich, welches zur Einmalnutzung konzipiert ist. Hierbei ist eine Rücksendung an das Schlaflabor oder die Praxis nicht mehr notwendig. Jedoch scheint dies aus ökologischer Sicht eher fragwürdig zu sein, da die komplette Elektronik nach einmaliger Messung entsorgt wird. Die aufgezeichneten Daten werden direkt über eine auf dem Smartphone des Patienten installierte Applikation an den Schlafmediziner übermittelt. Hiermit könnten sich zukünftig vollständige virtuelle Behandlungsabläufe realisieren, wie sie bereits in ersten Projekten evaluiert werden [30].

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