Schlafbezogene Metakognitionen im transdiagnostischen Kontext

Metakognitionen beschreiben eigene Überzeugungen über kognitive Prozesse [26]. Bei schlafbezogenen Metakognitionen handelt es sich um Überzeugungen, die Menschen im Bezug auf kognitive Prozesse zum Thema Schlaf haben. Sie dienen als Glaubenssätze im Umgang mit Kognitionen in der Schlafsituation [28]. Ein Beispiel für eine schlafbezogene Metakognitionen ist: „Wenn ich im Bett nachdenke, bedeutet das, dass ich am nächsten Tag nicht gut leistungsfähig sein werde“ (Item 12 des Fragebogen zu Metakognitionen – Insomnie (MCQ-I)) [28]. Schlafbezogene Metakognitionen sind mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von Insomnie [12] ebenso wie der Depression assoziiert [8]. Menschen mit Insomnie und schlafbezogenen metakognitiven Überzeugungen zeigen dabei vermehrt selektive Aufmerksamkeit für schlafbezogene Cues und erhöhte Anstrengungen, um einzuschlafen. Im Kontext der Insomnie weisen diese metakognitiven Überzeugungen dabei vermehrt negative Valenz auf und sind mit der Chronifizierung von Insomnie assoziiert [22]. Es wird dabei vermutet, dass schlafbezogene Metakognitionen sich negativ auf die Modulation von Arousal vor dem Einschlafen auswirken [24] und mit dem Versuch der Kontrolle negativer Gedanken assoziiert sind [29]. Weitere Beispiele für schlafbezogene Metakognitionen finden sich u. a. im „Fragebogen zu Metakognitionen – Insomnie (MCQ-I 20)“ [28], es handelt sich dabei unter anderem um das genaue Betrachten der eigenen Gedanken vor dem Zubettgehen und um die Interpretation der eigenen Gefühle und des Befindens unmittelbar vor dem Einschlafen. Menschen mit dysfunktionalen Überzeugungen berichten weiter vermehrt von dem Bedürfnis, ihre Gedanken zu kontrollieren oder zu verändern.

Die Insomnie ist als Ein- und Durchschlafstörung definiert, die mit Früherwachen und tageszeitlichen Einschränkungen einhergeht. Betroffene weisen unter anderem ein erhöhtes kognitives Arousal sowie einen Aufmerksamkeitsfokus auf die eigene Schlaflosigkeit und die damit einhergehenden negativen Konsequenzen auf [11]. In der deutschen Bevölkerung berichteten in repräsentativen Befragungen 30,3 % der Befragten mindestens dreimal pro Woche Ein- und Durchschlafstörungen [27], wobei im schlafmedizinischen Setting die Prävalenz weitaus höher liegt [14]. Die S3-Leitlinie „Nicht-erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ beschreibt zudem einen deutlichen Zusammenhang zwischen Insomnie und Depressionen [25].

Depressionen definieren sich als Erkrankungszustand deutlich gedrückter Stimmung, die über einen längeren Zeitraum mit Interessenlosigkeit und Antriebsminderung einhergeht [32]. Sie sind weiter u. a. mit Schlafproblemen assoziiert. Die Lebenszeitprävalenz für Depressionen in Deutschland liegt bei 11,6 % [6], wobei auch hier die Prävalenz in der Schlafmedizin deutlich höher liegt [1]. Neben Ein- und Durchschlafstörungen ist die Depression weiterhin mit verminderter Schlafqualität und auch mit Rumination assoziiert [18].

Schlechte Schlafqualität wird in einer repräsentativen Stichprobe von rund 23,1 % der deutschen Bevölkerung berichtet [27]. Die Auswirkungen durch die eingeschränkte Erholungsfunktion des Schlafs umfassen vermindertes Wohlbefinden am Tag sowie verminderte Leistungsfähigkeit und Schläfrigkeit [32]. Sie steht im Zusammenhang mit Insomnie, Depressionen [32] und schlafbezogenen Metakognitionen [9].

Rumination ist eine stabile, mehrheitlich dysfunktionale Emotionsregulationsstrategie für einen negativen Affekt, ausgelöst durch Diskrepanzen zwischen Soll- und Ist-Zustand, die sich durch beständiges Gedankenkreisen als Versuch der Vermeidung und Kontrolle negativer Gedanken äußert [30]. Sie charakterisiert sich durch die Vergangenheitsausrichtung des Gedankenkreisens, verringertes Problemlöseverhalten und ein Bedürfnis nach Verständnis und Kontrolle der eigenen Gedanken [26]. Bedeutende Modelle der Rumination sind das Self-Regulatory Executive Function (S-REF) Model [31] und die Response Style Theory [21], die beide wiederum metakognitive Anteile aufweisen und damit eine mögliche transdiagnostische Verbindung zu den schlafbezogenen Metakognitionen unterstreichen. Ergänzend zur Rumination wurde in dieser Studie Distraktion als möglicher Copingstil als Kontrollvariable miterhoben. Sie beschreibt kognitive und behaviorale Ablenkung [13] und wurde von Nolen-Hoeksema (1987) [21] als Gegenkonzept der Rumination definiert.

Schlafbezogene Metakognitionen korrelierten dabei in zahlreichen früheren Untersuchungen mit Insomnie und Schlafqualität [12, 23]. Galbiati et al. (2021) [12] berichten für den Zusammenhang von Insomnie und schlafbezogenen Metakognitionen ein Spearmans rho von r = 0,58 und fanden weiter, dass schlafbezogene Metakognitionen ein aufrechterhaltender Faktor der Insomnie auch unter Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie sind. Weiter stehen sie in Verbindung mit der Modulation von Arousal (allgemeiner Erregungszustand) vor dem Zubettgehen [23]. Besonders zu unterstreichen ist hier das metakognitive Modell der Insomnie nach Ong et al. (2012) [22], das von einem zweistufigen Zusammenspiel aus vorwiegend kognitivem „primary arousal“ und dem stark metakognitiv geprägten „secondary arousal“ ausgeht, welche sich im Kontext der Insomnie gegenseitig beeinflussen. Für Depressionen und Rumination lassen sich Zusammenhänge zwischen ihnen und Metakognitionen unter anderem aus den Modellen von Wells und Matthews (1996) [31] und Nolen-Hoeksema (1987) [21] ableiten. Hier ist auch anzumerken, dass gerade die Rumination ebenfalls zur Modulation von Spannungszuständen Anwendung findet [21]. Gleichzeitig zeigt sich die Bedeutsamkeit von Metakognitionen in verschiedenen Störungen und Syndromen [8, 24, 29]. Schlafbezogene Metakognitionen stellen sich damit als transdiagnostische auftretendes Konstrukt dar, dass für die Entwicklung von Behandlungsverfahren von Bedeutung sein könnte.

Ziel dieser Studie ist es deshalb, einen übergeordneten Zusammenhang der schlafbezogenen Metakognitionen mit Insomnie, Depressionen, Schlafqualität und Rumination zu beleuchten. Es wird erwartet, dass korrelative Zusammenhänge zwischen allen Konstrukten, d. h. schlafbezogenen Metakognitionen, Insomnie, Depression, Schlafqualität und Rumination, entsprechend den bisherigen Erkenntnissen bestehen. Weiter wird angenommen, dass ebenfalls mediierende Effekte zwischen den einzelnen Konstrukten bestehen. Als übergeordnete Hypothese wird deswegen angenommen, dass ein exploratives Strukturgleichungsmodell, dass diese zahlreichen Zusammenhänge zwischen den Konstrukten annimmt, durch die Daten bestätigt werden kann und im Folgenden die Stärke jener Zusammenhänge verdeutlicht. Für die Distraktion als Kontrollvariable wird angenommen, dass diese keine signifikanten Zusammenhänge mit den übrigen Konstrukten aufweist. Das Modell ist in Abb. 1 dargestellt.

Abb. 1figure 1

Theoriegeleitetes Strukturgleichungsmodell zum transdiagnostischen Zusammenhang von Metakognitionen

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