Methodologische Empfehlungen zur Neurowissenschaft des luziden Träumens

Ich werde mich bei meinen Überlegungen auf die Elektroenzephalographie (EEG) konzentrieren. EEG eignet sich hervorragend für die Untersuchung der Hirnaktivität während des Schlafs, da sie den Schläfer kaum stört, Aktivitätsveränderungen im Millisekundenbereich aufzeichnen kann und bei ausreichender Ausstattung (insbesondere Anzahl von Elektroden) ziemlich genau feststellen kann, wo im Gehirn diese Veränderungen stattfinden. Zudem ist es äußerst schwer, z. B. im Magnetresonanztomographen (MRT) zu schlafen und luzide zu träumen.

Standardisierung der EEG-Vorverarbeitung

Ein Großteil der oben genannten Unstimmigkeiten könnte auf die unterschiedliche Art der anfänglichen Verarbeitung der EEG-Daten zurückzuführen sein. Während dies ein Problem in der EEG-Forschung im Allgemeinen ist, leidet die Schlaf-EEG-Forschung im Besonderen unter diesem Problem. Dies liegt daran, dass solche Messungen noch mehr Artefakte enthalten, die gereinigt werden müssen, wie z. B. unwillkürliche Muskelartefakte aufgrund von Erregungszuständen, sakkadische Augenbewegungen, Signaldrifts aufgrund langer Messungen, eine höhere Wahrscheinlichkeit von Schwitzen und wechselndem Druck auf die Elektroden. Um Interpretationsunterschiede zu vermeiden, die auf unterschiedliche Methoden zur Bereinigung von EEG-Daten zurückzuführen sind, sollten künftige Studien automatische Methoden verwenden, die sich bereits etabliert haben oder sich derzeit in Entwicklung befinden (wie zum Beispiel Dreamento [7] oder SleepTrip [18]). Diese Vorverarbeitungsalgorithmen sollten unter Verwendung nichtproprietärer Software als Open Source zur Verfügung gestellt werden, um ein Höchstmaß an Dokumentation zu gewährleisten. Darüber hinaus würden solche automatischen Pipelines auch die laborübergreifende Datenaggregation vereinfachen, um größere und robustere Stichprobengrößen zu erhalten. Hierbei ist es jedoch ein generelles Problem, dass bei Weitergabe von Rohdaten die Anonymität der Teilnehmer gefährdet ist, insbesondere in Anbetracht detaillierter Traumberichte und 3D-Bilder der Köpfe der Probanden (die für die Rekonstruktion der Tiefenhirnaktivität unerlässlich sind; siehe unten). Durch den Einsatz automatischer End-to-End-Pipelines für die aufgezeichneten Daten könnte dieses Problem jedoch größtenteils umgangen werden, da den Forschenden nur die statistisch relevanten Aggregatmaße zur Verfügung stehen. Die vielversprechendsten Aggregatmaße, die in Frage kommen, sind in der weiteren Auflistung dargestellt.

Zeitpunkt des Einsetzens der Traumluzidität

Die Erforschung der Neurophysiologie des luziden Träumens konzentrierte sich bisher vor allem auf den tonischen Zustand des Bewusstseins (vor allem auf neuronale Oszillationen zwischen Luziditäts-Augensignal und Erwachen). Fragen zu den neuronalen Korrelaten des Zeitpunkts der luziden Einsicht selbst haben dagegen weit weniger Aufmerksamkeit erhalten [1]. Dies lässt sich aus methodischer Sicht leicht erklären, da solche ereignisbezogenen Fragen ein genaues Timing erfordern. Allerdings können wir diese Informationen nicht ohne Weiteres erhalten, wenn jemand schläft. Selbst objektive Augensignale geben uns bestenfalls eine ungefähre Vorstellung davon, wann die Aktion der kontrollierten Augenbewegungen beschlossen wurde, aber nicht genau, wann die Person realisiert hat, dass sie träumt. Da wir bei einem Experiment nicht kontrollieren können, was in den Träumen passiert, neigen Träume dazu, sich von Mensch zu Mensch stark zu unterscheiden, selbst nach einem einzigen gemeinsamen Ereignis (wie in diesem Fall der luziden Erkenntnis). Diese Unterschiede in der Art und Weise, wie wir Träume erleben, gehen wahrscheinlich mit großen Unterschieden in unserer Gehirnaktivität einher, die alle gemeinsamen Merkmale während dieser Zeitspannen verbergen können. Nur weil wir unterschiedliche Ergebnisse auf der Grundlage von „konstanter“ Luzidität sehen, bedeutet das nicht unbedingt, dass es keinen Marker für die Gehirnaktivität für die Traumluzidität selbst gibt. Stattdessen könnte luzides Träumen besser durch ein gemeinsames Ausgangsereignis definiert werden als durch einen bestimmten Zeitraum. Algorithmische Fortschritte zur zeitlichen Zerlegung von EEG-Daten machen die zeitliche Markierung eines solchen latenten Anfangsereignisses potenziell machbar. Versuche, luzide Träume durch gezielte Online-Gehirnstimulation hervorzurufen, könnten von der Kenntnis eines solchen klar definierten neuronalen Ereignisses besonders profitieren.

Aspekte nichtoszillatorischer Signale

Die Konzentration auf schmale Oszillationsbänder (wie Delta, Alpha, Beta oder Gamma) vernachlässigt andere potenzielle neurophysiologische Marker für luzides Träumen. Neben Signalentropie [2] scheint der prominenteste Kandidat in dieser Hinsicht das neuronale Rauschen zu sein. Interessanterweise geht man davon aus, dass breitbandige Signalkomponenten (d. h. neuronales Rauschen) in der Wachkognition eine wichtige Plattform für die Bewältigung kognitiver Aufgaben darstellen [10]. Neuere Forschungen unterstreichen die Rolle der Modulation des neuronalen Rauschens bei der Unterstützung der kognitiven Kontrolle, die wahrscheinlich auch der luziden Einsicht zugrunde liegt [12]. Was die Kontrollfunktionen betrifft, so könnte insbesondere geträumte Verhaltensinhibition eine große Rolle spielen, da das Erkennen des Ursprungs der geträumten Umgebung wahrscheinlich kontrollierte Unterbrechungen der geträumten Handlungen erfordert, um die aktuellen Wahrnehmungen zu überprüfen. Ungeachtet dieser Überlegungen ist es denkbar, dass luzides Träumen dennoch durch Signalveränderungen in einzelnen Oszillationsbändern (also z. B. Delta, Alpha, Beta oder Gamma) gekennzeichnet ist, die jedoch durch die Breitbandaktivität (das neuronale Rauschen) verdeckt werden können. Insgesamt scheint die gleichzeitige Beachtung von einzelnen Oszillationsbändern sowie Breitbandeffekten in der Klartraumforschung überfällig zu sein. Etablierte Analyse-Toolboxen stehen dafür zur Verfügung (z. B. FOOOF-Python: [5]).

Der Einfluss der Nachtzeit auf Studienergebnisse

Wie oben beschrieben, gibt es noch keine zuverlässige experimentelle Methode, Luzidträume zu induzieren. Dementsprechend müssen Studien zur Gehirnaktivität dieses Phänomens Alternativerklärungen mit großer Sorgfalt ausschließen, zumeist erst im Stadium der Datenanalyse [1]. Eine solche potenzielle Alternativerklärung, die nur selten beachtet wird, ist, wie viel Schlafzeit schon bei einem jeweiligen Traum vergangen ist. Es ist oft nicht möglich, die Abfolge von luzidem und nichtluzidem REM-Schlaf innerhalb einer einzigen Nacht auszubalancieren. Dies liegt daran, dass in vielen Laborstudien zu luziden Träumen aus pragmatischen Gründen eine einzelne Nachtmessung pro Versuchsperson durchgeführt wird. Hohe Arbeits- und Laborkosten bieten den Forschenden einen Anreiz, die Messung nach einem erfolgreichen luziden Traumbericht abzubrechen, und solche Berichte tendieren zu einem Auftreten nach langer Schlafenszeit [9]. Ohne statistische Kontrollen kommt es so zu systematischen Verzerrungen in Bezug auf die Nachtzeit, die in Studien zum luziden Träumen offenbar nur selten berücksichtigt werden. Empirische Daten unterstreichen, wie wichtig es ist, diesen Faktor zu berücksichtigen. So nehmen beispielsweise viele der physiologischen Korrelate des luziden Träumens (einschließlich REM-Dichte, autonome Erregung und erhöhte kortikale Aktivierung) mit fortschreitender Schlafzeit zu, womöglich als Funktion der Aktivität des glymphatischen Systems [13]. Insbesondere die verringerte Aktivität der Deltawellen, die als potenzielles neuronales Korrelat für die Traumluzidität identifiziert wurde [2, 4], könnte den abnehmenden Schlafdruck im Laufe der Nacht widerspiegeln. In ähnlicher Weise identifizierten Baird et al. [2] eine höhere Signalkomplexität als potenzielle Signatur des luziden gegenüber dem nichtluziden REM-Schlaf. Dies könnte jedoch auch eine Folge der allgemein zunehmenden Clearance von Adenosin aus den Rezeptoren bei längerer Schlafdauer sein [13]. Aus diesen Gründen muss die Nachtzeit in künftigen Studien statistisch berücksichtigt werden.

Analyse neuronaler Daten an ihrer Quelle

In früheren Studien wurde häufig eine eher geringe Elektrodenabdeckung der Kopfhaut verwendet, die nicht geeignet ist, um räumlich selektive Effekte aufzudecken. Folglich haben sich EEG-Studien nur auf Analysen auf Sensorebene konzentriert, da eine robuste Quellenlokalisierung eine ausreichend große Anzahl von Sensoren erfordert. (Im Zusammenhang mit der Analyse von EEG-Daten bezeichnet „Sensorebene“ die Rohdaten, die direkt von den auf der Kopfhaut angebrachten Sensoren erfasst werden, während „Quellenebene“ die Daten bezeichnet, die verarbeitet wurden, um die neuronalen Quellen im Gehirn zu schätzen, die die beobachteten Signale auf der Sensorebene vermutlich erzeugt haben.) Dies stellt ein großes Manko in der Forschung zum luziden Träumen dar. Neben Ergebnissen, die illustrieren, wie luzides Träumen gehirnanatomisch verankert ist, hilft Quellenrekonstruktion (wie etwa das Beamforming) potenziell kleine, jedoch bedeutsame Effekte aufzudecken; dies liegt daran, dass Beamforming als räumlicher Filter dient, der das Signal-Rausch-Verhältnis bedeutend erhöhen kann [19]. Die gewonnenen Einsichten der Quellaktivität mittels EEG werden die bisherigen Befunde der Magnetresonanztomografie (MRT) bereichern. Vorläufige MRT-Daten deuten darauf hin, dass das luzide Träumen am ehesten als ein neuronales Netzwerkphänomen auf der Ebene der Quelle betrachtet werden kann [6, 8]. Genauer gesagt wurde in vereinzelten Studien gefunden, dass der Zustand des luziden Träumens mit einem erhöhten regionalen Blutfluss in den bilateralen anterioren präfrontalen Kortizes, den inferioren parietalen Läppchen und den mittleren temporalen Gyri einhergeht [1]. Diese MRT-Studien litten jedoch unter einer geringen Stichprobengröße, sodass ihre Ergebnisse noch einer unabhängigen Replikation bedürfen. Präzise Einsichten der zugrundeliegenden Netzwerkaktivität werden dem neuropsychologischen Verständnis dieses Zustands zugutekommen.

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