Epilepsieüberwachungsgeräte bei Kindern und Jugendlichen

Viele Eltern fürchten bei einem ersten Anfall um das Leben ihres Kindes [2, 7]. Auch wenn einzelne Anfälle typischerweise zunächst gerade im Kindesalter nicht lebensgefährlich sind, so gibt es doch ein erhöhtes Risiko für Menschen mit Epilepsie zu versterben. Viele Kinder mit Epilepsie sterben an den Grunderkrankungen oder beispielsweise an Pneumonien [5]. Anfallsbezogene Risiken bestehen in Unfällen und konvulsivem Status epilepticus. Zusätzlich existiert das Phänomen des plötzlichen Todesfalls bei Epilepsien (SUDEP = „sudden unexpected death in epilepsy“) [5]. Die Veröffentlichungen zum Thema SUDEP im Kindesalter haben in den letzten Jahren zugenommen, und es gibt eine Kontroverse um die „wahre“ Zahl der davon Betroffener im Kindes- und Jugendalter [4]. Bis vor wenigen Jahren wurde davon ausgegangen, dass Kinder deutlich seltener betroffen sind und SUDEP in diesem Alter praktisch keine Rolle spielt. Neuere Daten zeigen jedoch eine ähnliche Häufigkeit wie im Erwachsenenalter [4]. Die Diskussion wird einerseits auch kaum aufzulösen sein, andererseits für den Alltag der Kinder, Jugendlichen und Familien auch nur eine untergeordnete Rolle spielen, da sich Sorgen und Ängste nicht an einzelnen Werten im Promillebereich orientieren. Auch wenn keine Daten dazu existieren, dass beispielsweise Wearables das Risiko eines SUDEP signifikant reduzieren können, so liegt dies zumindest nahe. Aussagekräftige Studien hierzu sind angesichts der benötigten sehr hohen Anzahl prospektiv einzuschließender Patienten in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.

Viele Eltern wünschen eine Überwachungsmöglichkeit, insbesondere für nächtliche Anfälle. Bis vor einigen Jahren existierten nur wenige Überwachungsmöglichkeiten (Babyphone, EKG- und/oder Sättigungsmonitor, v. a. in Deutschland Epi-Care®). Ins Hilfsmittelverzeichnis sind in den letzten Jahren keine neuen Geräte aufgenommen worden [9]. In den letzten Jahren sind weitere Überwachungsgeräte spezifisch für Epilepsien entwickelt worden. Diese werden in verschiedenen Ländern und über unterschiedliche Wege vertrieben. Von diesen Geräten wurden bei unserer Umfrage von den Eltern NightWatch® und Embrace® benannt. Eine komplette Übersicht über alle theoretisch infrage kommenden Lösungen ist nicht möglich, da auch verschiedene Wearables, die eigentlich zu anderen Zwecken entwickelt wurden, eine praktikable Überwachung möglich machen.

Die meisten Daten zu den Überwachungsgeräten stammen aus Studien in Epilepsiezentren und wurden an Erwachsenen erhoben. Angaben zu Fehlalarmen und Faktoren, die Sensitivität und Spezifität möglicherweise beeinflussen, fehlen häufig. Daten zum Einsatz von Geräten zur Anfallsüberwachung aus dem Alltag stehen aktuell allenfalls eingeschränkt bei erwachsenen Patient*innen zur Verfügung [8]. Wir wollten die Alltagspraktikabilität und den Einsatz im häuslichen Umfeld in den Mittelpunkt stellen und haben daher zusammen mit dem e.b.e. eine Umfrage initiiert. Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass es sich bereits aufgrund der Art der Verbreitung der Umfrage nicht um repräsentative Daten zu Epilepsien allgemein handelt. Einige Epilepsiesyndrome sind bei den Ergebnissen überrepräsentiert, was am ehesten an der Weiterleitung der Umfrage in bestimmte Selbsthilfegruppen liegen dürfte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eher Familien antworteten, die Erfahrungen mit einer technischen Anfallsüberwachung gemacht haben. Ferner basieren alle präsentierten Daten auf subjektiven Angaben und Einschätzungen der Befragten. Dies schränkt die Objektivierbarkeit ein, spiegelt aber den Alltag der Anfallsüberwachung wider.

Bei der Auswertung der Daten konnten wir eine sehr große Vielfalt der eingesetzten Geräte feststellen. Nur 2 Geräte – NightWatch® und VitaGuard® 3100/310 – wurden mehr als 10-mal benannt, hinzukommen die verschiedenen Modelle der Epi-Care®-Reihe mit insgesamt 16 Nennungen. Erfreulicherweise nahmen auch 24 Eltern an der Befragung teil, die keine Überwachungsgeräte im Einsatz hatten, sodass eine Vergleichsgruppe zur Verfügung stand. Für uns erstaunlich war, dass es keine Unterschiede im Vergleich der Gruppen mit und ohne Überwachung gab. Auch die Annahme, dass bei Vorliegen von GTKA oder typischerweise schwerer verlaufenden Epilepsien häufiger eine Überwachung erfolgt, ließ sich nicht bestätigen. Eher war das Gegenteil der Fall, wenngleich angesichts des Charakters unserer Untersuchung und der Zahlen eine statistisch belastbare Auswertung nicht sinnvoll ist. Auch die Verteilung in den jeweiligen Altersgruppen (Tab. 4) lässt kein klares Bild erkennen. Tendenziell werden Pulsoxymeter, die VitaGuard®-Monitore und Babyphone eher bei jüngeren Kindern im Vorschul- und Grundschulalter eingesetzt. Eine klare Differenzierung ist aber auch hier nicht möglich – dies gilt auch für die Frage, ob überhaupt ein Überwachungsgerät zum Einsatz kommt.

Die Kostenübernahme durch Krankenkassen scheint immerhin bei vielen Geräten mit „offizieller“ Zulassung zu gelingen. Stand 25.06.2023 sind im GKV(gesetzliche Krankenkassen)-Hilfsmittelverzeichnis (Stand des Verzeichnisses: Bundesanzeiger vom 28.04.2023) mit der Indikation Epilepsien 2 Geräte aufgeführt: Epi-Care free® und Emfit®. Die VitaGuard®-Monitore 310 und 3100® finden sich in der Produktgruppe „Messgeräte für Körperzustände-/funktionen“ unter der Rubrik „Überwachungsgeräte für Vitalfunktionen bei Kindern“ [9]. Wir haben bei unserer Umfrage allerdings nicht erhoben, mit wie viel Mühen bzw. Widersprüchen die Kostenübernahme erreicht wurde. Andererseits wurde auch nicht erhoben, ob überhaupt ein Kostenübernahmeantrag gestellt wurde. Die Hilfsmittelversorgung generell ist aktuelles politisches Thema und wird im gemeinsamen Bundesausschuss behandelt, was nicht zuletzt den Bemühungen und der erfolgreichen Petition des Aktionsbündnisses für bedarfsgerechte Heil- und Hilfsmittelversorgung zu verdanken ist [6].

Kern unserer Befragung war das Urteil der Familien, was die Benutzerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und die generelle Eignung für eine Anfallsüberwachung angeht. Tendenziell erhielten NightWatch® und VitaGuard® 3100/310 die besseren Bewertungen. Eine Limitierung der Daten stellt die teilweise Zusammenlegung der Auswertungen der beiden VitaGuard®-Monitore dar, wobei der VitaGuard® 3100 Herzfrequenz, SaO2 und Atemfrequenz misst, der VitaGuard® 310 Herzfrequenz und SaO2. Gleiches gilt für die Zusammenfassung der Epi-Care®-Geräte.

Interessant hierbei ist, dass die reinen Schulnoten nicht unbedingt mit dem Einsatz korrelieren. Mehrere Geräte wurden nicht mehr benutzt, da zu häufig Fehlalarme auftraten und/oder Anfälle nicht erkannt wurden, wenngleich die durchschnittliche Bewertung der Geräte gar nicht so schlecht ausfiel. In diesem Zusammenhang sollte kritisch überdacht werden, wenn beispielsweise in klinikbasierten Studien Geräte mit einer Sensitivität von 86 % als „good“ oder 91 % als „high“ bezeichnet werden [1, 3]. Letztendlich soll auch auf Basis unserer Daten keine allgemeingültige Empfehlung für oder gegen ein bestimmtes Gerät ausgesprochen werden. Die Daten können aber dazu beitragen, dass Patient*innen und ihre Ärzt*innen etwas mehr Einblick in den Alltag mit einer technischen Anfallsüberwachung bekommen und sich ihr eigenes Bild über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Überwachungsgeräte je nach Präferenzen machen.

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