Thieme Teaching Award 2022

Stuttgart/Berlin, September 2022 – In diesem Jahr zeichnet die Thieme Gruppe gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) gleich zwei Beiträge im Bereich der Lehre, Fort- und Weiterbildung in Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin aus. Der Thieme Teaching Award geht zum einen an Dr. med. Parisa Moll-Khosrawi für ein digitales Weiterbildungscurriculum: Im Rahmen arbeitsplatzbasierter Assessments erlernen und demonstrieren angehende Fachärztinnen und Fachärzte für Anästhesiologie ausgewählte Tätigkeiten und Fachwissen für den Klinikalltag. Zum anderen wird Dr. med. Armin Niklas Flinspach für seine strukturierte Bewertung von Schulungsvideos zur Anlage eines Epiduralkatheters geehrt. Das Verfahren zur Betäubung der Rückenmarksnerven ist eine gängige Methode in der Schmerztherapie. Thieme und die DGAI vergeben die mit insgesamt 2500 Euro dotierte Auszeichnung bereits zum 18. Mal. Die Verleihung fand auf dem Hauptstadtkongress der DGAI für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI) in Berlin statt.

Eine EPA (Entrustable Professional Activity) ist eine in sich abgeschlossene klinische Tätigkeit oder Verantwortlichkeit. Sie wird im Rahmen einer Aus- und Weiterbildung vermittelt und erlernt, sodass sie schließlich eigenständig übernommen werden kann. Je nach Aufgabe sind unterschiedliches Fachwissen sowie verschiedene Kompetenzen und praktische Fertigkeiten gefragt.

Weiterbildungskonzept liegt klinikintern bereits als App vor

Für die Weiterbildung in der Anästhesiologie hat Dr. med. Parisa Moll-Khosrawi insgesamt 39 solcher EPAs identifiziert. Sie reichen von der allgemeinen Narkoseeinleitung über die Begleitung eines Kaiserschnitts bis zur innerklinischen Notfallversorgung. „In Experten- und Fokusgruppen haben wir jede EPA hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Weiterbildung bewertet und in eine zeitlich sinnvolle Abfolge gebracht. Darüber hinaus wurden jeder EPA Meilensteine, Grundlagen- und Handlungskompetenzen zugeordnet“, erklärt Moll-Khosrawi, die als Oberärztin an der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf tätig ist. Zusammen mit festgelegten Lernzielen und Arbeitsplatz-basierten Prüfungsmodulen ist so ein praxisnahes und Feedback-orientiertes Kerncurriculum für die anästhesiologische Weiterbildung entstanden. Die Inhalte liegen klinikintern bereits als webbasierte App „AnästhesioLOGiC“ vor. Somit wird die Brücke zwischen kompetenzbasierter Weiterbildung und klinischem Alltag gewährleistet.

Das sagt die Jury

„Parisa Moll-Khosrawi liefert mit ihrer Arbeit eine Anleitung dafür, wie ein EPA-basiertes Curriculum entwickelt werden kann. Sie hat die Theorie kompetenzbasierter Weiterbildung an die Anforderungen des Klinikalltags angepasst“, erklärt der Vorsitzende der Jury und Präsident der Deutschen Akademie für Anästhesiologische Fortbildung (DAAF), Professor Dr. med. Hartmut Bürkle, die Entscheidung.

Darüber hinaus zeichnet die Jury noch ein zweites Projekt aus. Die von Dr. med. Armin Niklas Flinspach erarbeiteten Bewertungskriterien für medizinische Lehrvideos zur Anlage eines Epiduralkatheters haben ebenfalls überzeugt: „Diese Arbeit bildet ein sehr durchdachtes und vielschichtiges Konzept, mit zahlreichen Kontrollstufen und unterschiedlichen Evaluierungen ab, um die Qualität von Lehrvideos für das Erlernen einer Anlage eines Epiduralkatheters zu bewerten.“

Anlage des Katheters müssen Anästhesist*innen sicher beherrschen 

Die Epidural- oder auch Periduralanästhesie (PDA) ist ein Verfahren zur Betäubung von Rückenmarksnerven. Diese inzwischen gängige Methode der Schmerztherapie wird unter anderem in der Geburtshilfe regelmäßig angewendet. Dabei führt der Anästhesist oder die Anästhesistin über eine Führungsnadel einen dünnen Schlauch (Katheter) zwischen zwei Wirbelkörper in den rückenmarksnahen Periduralraum ein. Während die Nadel zurückgezogen wird, verbleibt der Katheter dort und kann für die lokale Gabe von Schmerzmitteln genutzt werden.

Lehrvideos: In der Weiterbildung beliebt, aber oft von schlechter Qualität

„Die Beherrschung dieser Fertigkeit ist eine grundliegende anästhesiologische Kompetenz“, betont Flinspach, der als Facharzt an der Klinik für Anästhesiologie, lntensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main arbeitet, und erklärt weiter: „Um das Vorgehen zu lernen, nutzen Studierende, aber auch Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung Lehrvideos, die kostenfrei über YouTube abrufbar sind.“ Die Qualität der Filme lässt sich jedoch anhand von Klicks und Likes kaum einschätzen. Deshalb hat Flinspach eine Checkliste entwickelt, anhand der fachliche und didaktische Kriterien überprüft werden können.

Das Ergebnis: Nur zwei der untersuchten Filme wiesen eine zufriedenstellende Qualität auf. „Die Mehrzahl der Videos weist schwerwiegende Mängel in Bezug auf die Patientensicherheit auf und ist daher für das Selbststudium ungeeignet. Vor diesem Hintergrund ist sehr bedenklich, dass es auf kostenlosen Plattformen keine entsprechende Qualitätskontrolle gibt. Die Bewertungen bieten hier keine verlässliche Orientierung, denn bessere Inhalte wurden nicht automatisch öfter geliked“, fasst der Preisträger zusammen.

Weitere Informationen zu den beiden ausgezeichneten Projekten finden Sie in den folgenden publizierten Fachartikeln:

Parisa Moll-Khosrawi et al.:
Entwicklung und Validierung eines EPA-basierten Weiterbildungscurriculums im Bereich der Anästhesiologie: Eine Delphi-Studie
GMS Journal for Medical Ecucation 2020; 37 (5); Doc52
DOI: 10.3205/zma001345


Armin N. Flinspach et al.:
Epidural Catheterization in Obstetrics: A Checklist-Based Video Assessment of Free Available Video Material
Journal of Clinical Medicine 2022; 11 (6); 1726
DOI: 10.3390/jcm11061726

Über den Preis

Um den „Thieme Teaching Award“ bewerben sich jedes Jahr Mitglieder der DGAI mit Arbeiten aus dem Gebiet der Lehre, Fort- und Weiterbildung in Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Schmerztherapie. Die Thieme Gruppe stiftet den Preis bereits zum 18. Mal. In diesem Jahr werden zwei eingereichte Projekte ausgezeichnet. Preisträger*innen werden jedes Jahr auf dem Hauptstadtkongress der DGAI für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI) in Berlin geehrt.

Catrin Hölbling

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