Nintedanib zur Therapie der radiogenen Pneumonitis

Die Datenlage bezüglich Prophylaxe und Therapie der radiogenen Pneumonitis ist deutlich limitiert, obwohl Symptome zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität bei Krebspatienten führen können [1, 4]. Die langfristige Einnahme systemischer Kortikoide lindert zwar in vielen Fälle die Symptome, geht allerdings mit den üblichen Nebenwirkungen einher, wobei während der Abbauphase außerdem ein Risiko für Resistenz besteht. In der gegenwärtigen Immuntherapieära (z. B. Durvalumab-Erhaltung beim NSCLC) sollten diese aufgrund möglicher Wechselwirkungen auch eher restriktiv eingesetzt werden [5]. Der Tyrosinkinaseinhibitor Nintedanib ist seit 2015 zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose sowie bestimmter interstitieller Lungenerkrankungen zugelassen, ferner in Kombination mit Docetaxel zur Behandlung des Adeno-NSCLCs. Aufgrund der pathophysiologischen Ähnlichkeiten von Lungenfibrose und radiogener Pneumonitis sind Studien zur Pneumonitisbehandlung grundsätzlich sinnvoll.

Die größte Einschränkung der aktuellen Studie ist das kleine Kollektiv. In der Poweranalyse wurden initial 64 Patienten geplant, aber trotz multizentrischen Vorgehens (vier amerikanische Kliniken mit hohem Volumen) und Rekrutierungszeit von knapp fünf Jahren konnte nur die Hälfte davon eingeschlossen werden, weswegen die Studie auch frühzeitig geschlossen wurde; das kann als indirekter Hinweis auf eine durch verbesserte Technik rückläufige Zahl relevanter Pneumonitiden gedeutet werden. Obwohl der primäre Endpunkt das Signifikanzniveau erreichte, war dies für die sekundären Endpunkte (QoL und LuFu) nicht der Fall, trotz eines Trends Richtung Verbesserung mit Nintedanib. Dass mehr Patienten in die Nintedanibgruppe eingeschlossen wurden, die eine Grad-3-Pneumonitis hatten (4 versus 2), spricht ebenfalls für die Wirksamkeit von Nintedanib. Das doppelblinde und placebokontrollierte Studiendesign sowie das Heranziehen von „patient-reported outcomes“ und objektiven Messverfahren erlauben eine umfassende Beurteilung der Wirkung vom Nintedanib.

Für die Interpretation der Daten sind allerdings einige Schwächen zu beachten. Die wichtigsten Risikofaktoren der radiogenen Pneumonitis sind die Bestrahlungsdosis, das bestrahlte Lungenvolumen und konkomitante Systemtherapien [6]; Angaben diesbezüglich hätten etwas detaillierter sein können. Weitere dosimetrische Angaben neben MLD wären ebenfalls sinnvoll gewesen (z. B. V5Gy, V20Gy; [7]). Obwohl die Rate an Nie- und Ex-Rauchern angegeben wurde, fehlen Informationen über Patienten, die im Zeitraum der Studie geraucht haben, was auch eine Verbesserung der Symptome erklären könnte [6]. Auch die Abweichungen im vorgeschriebenen Schema für die Dosisreduktion der Kortikoide, laut Studienprotokoll erlaubt, wurden nicht angegeben. Da die Lungenfunktion 18–24 Monate nach Abschluss der Strahlentherapie noch weiter absinken kann, wäre außerdem ein längeres Follow-up sinnvoll [8]. Als weitere Endpunkte wären der Schweregrad der einzelnen Exazerbationen (bzw. ob dies in der Nintedanibgruppe reduziert wurde) und die Rate an pneumonitisbedingten Hospitalisierungen auch wertvoll gewesen.

Das Nebenwirkungsprofil vom Nintedanib war ähnlich wie bei den anderen Indikationen, mit hauptsächlich Diarrhö und Dyspnoe [2]. Nintedanib ist ein Angiogeneseinhibitor, aber Blutungszeichen wurden nicht beobachtet. Vorsicht ist allerdings geboten bei Patienten, die parallel eine Erhaltungssystemtherapie bekommen. Bei einem Patienten, der den TKI Afatinib erhielt, trat eine Grad-3-Diarrhö auf, was eine Dosisreduktion und das Absetzen von Nintedanib erforderlich machte. In einer Ära von routinemäßig angebotenem „next generation sequencing“ und bei starker Zunahme der Anwendung zielgerichteter Therapien ist hierbei zukünftig Vorsicht geboten.

Trotz der kritischen Würdigung möglicherweise verzerrender bzw. fehlender Faktoren wird auf eine mögliche Effektivität von Nintedanib hingewiesen, sodass dies eine erste Studie mit hoffnungsvollen Ergebnissen bei der Therapie der radiogenen Pneumonitis darstellt. Phase-III-Studien mit besserer Rekrutierung sind allerdings zwingend erforderlich, bevor Nintedanib routinemäßig eingesetzt werden kann. Insbesondere bei der jüngsten Zunahme an stereotaktisch-ablativen Bestrahlungen und konkomitanten Immuntherapien besteht ein Bedarf, prophylaktische und therapeutische Optionen zu entwickeln.

Cas Stefaan Dejonckheere, Bonn

Ulrike Höller, Berlin

Lukas Käsmann, München

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