Penicillinallergie - ja oder nein?

Offenbar sind Resensibilisierungen gegenüber Penicillinen häufig, weshalb bei bestehendem Verdacht auf Penicillinallergie nach ersten negativen Tests wiederholte Untersuchungen zu empfehlen sind.

Penicilline sind der häufigste Grund für arzneimittelbedingte allergische Reaktionen. Doch die Diagnose Penicillinallergie zu stellen, ist mitunter schwierig, weil oft im Laufe der Zeit ein Verlust der Sensibilisierung auftritt, wodurch Hauttests und Tests auf spezifisches IgE im Serum negativ ausfallen. Sogar eine neue Toleranz gegenüber dem Arzneimittel ist möglich, jedoch kann es bei dann erneuter Exposition zur Resensibilisierung mit schweren Reaktionen und lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. Bisher wurde die Rate der Resensibilisierung gegenüber Penicillin in Studien auf 0-27,9 % geschätzt. In einer aktuellen Studie wurde nun die Resensibilisierungsrate bei einer Patientenkohorte mit Verdacht auf Penicillinallergie durch die Wiederholung von Hauttests nach Erstuntersuchung ("Retests") ermittelt.

In die vorliegende prospektive Studie wurden in den Jahren 2017 bis 2020 Menschen aufgenommen, bei denen der Verdacht auf allergische Reaktionen gegenüber Penicillin bestand. Sie unterzogen sich entsprechenden Hauttests. Bei einer randomisierten Gruppe wurde zudem ein Medikamentenprovokationstest mit dem Auslöser durchgeführt. Nur wer einen negativen Hauttest und/oder einen negativen Medikamentenprovokationstest hatte, wurde in die weitere Studie aufgenommen. Ingesamt 545 Patient*innen im Alter ab 18 Jahren, davon 67,5 % Frauen, wurden nach zwei bis acht Wochen erneuten Hauttests unterzogen.

296 Patient*innen berichteten über Sofortreaktionen, die innerhalb von sechs Stunden nach Exposition aufgetreten waren, die übrigen 249 über verzögerte Reaktionen frühestens sechs Stunden nach Exposition. Die meisten (93 %) hatten eine solche Episode erlebt, nur 6 % zwei und 0,9 % drei oder mehr. Die erste Untersuchung fand 24 (12-72) Monate nach der letzten Reaktion auf Penicillinexposition statt. Bei Sofortreaktionen wurden der Hautpricktest und, sofern er negativ ausfiel, der intradermale Test durchgeführt. Bei verzögerten Reaktionen wurden der verzögerte Lese-Pricktest und der intradermale Test durchgeführt, gemessen wurde nach 48 Stunden.

80 (14,7 %) Patient*innen hatten im Retest ein positives Ergebnis, davon 63 (21,3 %) mit Sofortreaktionen und 17 (6,8 %) mit verzögerten Reaktionen (p < 0,0001). Die Rate positiver Retests war bei Anaphylaxie höher als bei allen anderen Reaktionen (45,8 % vs. 9,1 %; p < 0,0001). Das Risiko für positive Retests war ab der fünften Woche nach der Erstuntersuchung erhöht (Odds Ratio: 4,64). Es stieg zudem mit dem Alter an (Odds Ratio: 1,02). Negative Retests waren hingegen bei Menschen häufiger, die über Urtikaria, Angioödem und unspezifische Symptome geklagt hatten (p < 0,0001).

Fazit: Angesichts der in dieser Studie ermittelten hohen Rate an Resensibilisierungen sollte bei Verdacht auf Penicillinallergie nach ersten negativen Tests eine erneute Testung vorgenommen werden, empfehlen die Studienautor*innen. Insbesondere bei aufgetretener Anaphylaxie müsse die Retestung fester Bestandteil des diagnostischen Algorithmus werden, um potenziell schwerwiegende Reaktionen nach der Verschreibung von Penicillinen zu verhindern.

Doña I et al. Resensitization in suspected penicillin allergy. Allergy 2023;78:214-24

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