Unerwünschte Ereignisse in der Intensivmedizin

Schlüsselwörter Patientensicherheit – Vermeidbare unerwünschte Ereignisse – Klinische Notfallmedizin – Intensivmedizin

Keywords Patient Safety – Adverse Events – Malpractice – Emergency Medicine – Intensive Care Medicine

Zusammenfassung

Hintergrund: Die Analyse von unerwünschten Ereignissen (UE) ist ein Grundelement zur Verbesserung der Patientensicherheit. Medizinisch und juristisch liegt ein Behandlungsfehler vor, wenn der geforderte Standard objektiv unterschritten wird. Bislang wurden nur wenige Studien zu vermeidbaren UE in der operativen und nicht-operativen Intensivmedizin durchgeführt.

Methode: Die retrospektive Untersuchung (01.01.2006 bis 31.12.2020) schloss alle abgeschlossenen Sachentscheidungen der Norddeutschen Schlichtungsstelle ein. Aus dieser Stichprobe wurden Behandlungsfehlervorwürfe in der operativen und nicht-operativen Intensivtherapie extrahiert und hinsichtlich Häufigkeit und Art der Behandlungsfehlervorwürfe, des festgestellten Behandlungsfehlers und daraus resultierenden Gesundheitsschadens analysiert. Die statistische Überprüfung umfasste die relative und absolute Häufigkeit von UE und vermeidbaren UE und einen Vergleich der Sachentscheidungen mittels Chi-Quadrat-Test oder Test nach Fisher. Als statistisch signifikant galt ein p-Wert von < 0,05. Bestand ein signifikanter Zusammenhang, so wurde der Kontingenzkoeffizient Cramer V als Maß bestimmt.

Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum ergingen durch die Norddeutsche Schlichtungsstelle 34.120 Sachentscheidungen. Davon betrafen 221 Fälle (0,6 %) die operative und nicht-operative Intensivmedizin aus Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung (33,7 %), Schwerpunktversorgung (23,7 %), Maximalversorgung (39,5 %) und speziellen Versorgung (3,2 %). 30 Fälle wurden nicht eingeschlossen wegen inadäquater Dokumentation des Gesundheitsschadens oder fehlender Zuordnung zu den Einschlusskriterien. Die Behandlungs-fehlervorwürfe fielen am häufigsten in die Kategorien Sepsis / Infektion / Hygiene, respiratorische Insuffizienz / Atemwegssicherung, Lagerung / Pflege und Herz-Kreislaufinsuffizienz. In 36 Fällen (18,8 %) ergab die medizinische und juristische Bewertung der Schlichtungsstelle Behandlungsfehler, davon mehrheitlich in den Fachdisziplinen Allgemeinchirurgie (n = 8), Innere Medizin (n = 7) und Traumatologie (n = 5). Behandlungsfehler führten überwiegend zu Gesundheitsschäden mit hohem Schweregrad (25,0 %) oder letalem Ausgang (41,7 %). Dabei waren die Kategorien Sepsis / Infektion / Hygiene (28,6 %) und Herz-Kreislaufinsuffizienz (17,1 %) signifikant mit dem Schweregrad Tod assoziiert (Exakter Test nach Fisher, p = 0,003, Kontingenzkoeffizient Cramer V = 0,27). 

Schlussfolgerung: Die Intensivmedizin repräsentiert im Vergleich zu anderen klinischen Fachdisziplinen einen kleinen Teil der Schlichtungsfälle. Die Zahl der festgestellten Behandlungsfehler liegt unterhalb der durchschnittlichen Quote der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer. Die Analyse von vermeidbaren UE kann Schwerpunkte zur Verbesserung der Patientensicherheit in der Intensivmedizin definieren. 

Summary

Background: The analysis of adverse events (AE) and preventable adverse events (PAE) is essential to improve patient safety. The prevalence of AE and PAE in surgical and non-surgical intensive care medicine has not been analysed in Germany. 

Method: Medical claims cases (01.01.2006 to 31.12.2020) of the Arbitration Board of the North German Medical Associations were analysed. Statistical analysis comprised the relative and absolute frequency of AE and a comparison of AE in various medical specialties by chi square test or Fisher´s test (p  <  0.05).

Results: During the study period 34,120 medical claims were completed by the Arbitration Board of the North German Medical Associations. 221 medical claims (0.6 %) were attributed to in-
tensive care medicine and analysed. 30 cases had to be excluded for misclassification, inadequate information to assess the claim or to determine its relation to intensive care medicine. Putative malpractices were related mainly to the categories of sepsis / infection, respiratory failure, positioning / nursing practice and treatment of acute haemorrhage / circulatory failure. In 36 cases (18.8 %) the Arbitration Board of the North German Medical Associations asserted malpractice causing health damage. Substandard treatments for sepsis / infection (28.6 %) and circulatory failure (17.1 %) were significantly correlated with a lethal outcome (Fisher´s exact test, p = 0.003, Cramer coefficient V = 0.27). 

Conclusion: Analysis of preventable adverse events in intensive care medicine may define key points to improve patient safety.

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